Artikel erschienen in der Märkischen Allgemeinen, 22.02.2022, von Christin Schmidt

Die SUNfarming GmbH betreibt in Rathenow neben einer Biogasanlage und einem Solarpark auch ein Forschungs- und Innovationszentrum, in dem erneuerbare Energie auf Landwirtschaft trifft. Ein Vor-Ort-Besuch.

Noch sind sie karg, die Böden unter den Solaranlagen auf dem Gelände des Forschungs- und Innovationszentrums der SUNfarming GmbH im Gewerbegebiet „Heidefeld“. Schon bald wird es hier aber grünen und blühen und das bereits zum zweiten Mal. Dafür sorgt Michael Bleiker. Seit einem Jahr ist der Schweizer hier als Betriebsleiter tätig und hat im letzten Jahr mit seinem Team etwa 20 verschiedene Pflanzen angebaut und geerntet. Was besonders gut gedeiht und welche Projekte er in diesem Jahr plant, erklärte er am Montag den Bürgermeistern aus Premnitz, Ralf Tebling, und dem Milower Land, Felix Menzel (beide SPD). Um mehr über die Doppelnutzung von Photovoltaik-Anlagen zu erfahren, schauten sie sich mit dem Rathenower Bürgermeisterkandidaten der SPD, Sebastian Lodwig, um.
„Unsere Hauptpflanze ist Artemesia annua – einjähriger Beifuß. Eine wunderbare Heilpflanze, die sehr bitter aber auch sehr gesund ist“, erklärte Bleiker und präsentierte die Ernte in Form von getrockneten
Blättern.

2015 Nobelpreis für Medizin für Artemisia Annua

Aufgrund der aufwendigen Ernte sei es ein recht teures Produkt, das unter anderem in der Behandlung von Malaria eingesetzt werde. 2015 gab es dafür den Nobelpreis für Medizin, weiß Bleiker. Aber nicht nur die Heilpflanze gedeihe unter den zum Teil licht- und regendurchlässigen Modulen. Auch Blaubeeren, Tomaten, Rhododendron und sogar Wein haben Bleiker und seine Mitarbeiter angebaut. Dafür haben sie den Boden mit Kompost aus der Region und Gärresten aus der eigenen Biogasanlage aufgewertet.

Auch Hühner fühlen sich unter den Anlagen wohl. „Wir hatten in einem Versuch die Tiere für kurze Zeit mit der Heilpflanze gefüttert, um zu schauen, ob das einen Effekt auf das Ei oder die Gesundheit der Tiere
hat. Generell waren sie gesund, aber die Pflanze war ihnen auch etwas zu bitter“, verriet der Betriebsleiter. Die größeren Anlagen sind zwischen 1,50 und 2,90 Meter hoch und so gebaut, dass man mit einem Traktor durchfahren kann. Zudem können Seitenwänden angebracht werden, so wird die Solaranlage zum Gewächshaus. Zum Einsatz würden diese aber vornehmlich im Ausland kommen, unter anderem in Entwicklungshilfeprojekten, wie Stephan Franke erklärte.

Der Mann aus Schleswig-Holstein ist studierter Landwirt und kümmert sich bei SUNfarming um landwirtschaftlich geprägte Projekte. Felix Menzel, der jede Woche neue Anfragen für den Bau von Solarparks in seiner Gemeinde auf dem Tisch hat, wollte wissen, wie wirtschaftlich der Gemüseanbau unter Solarmodulen in Deutschland ist. „Eine berechtigte Frage zur ökonomischen Einordnung des Gesamtkonzepts, denn am Ende muss SUNfarming als Investor Geld damit verdienen“, räumte Franke ein.

In Rathenow stehen Anlagen für den Weltmarkt Die Grundidee, dass Photovoltaik das Ständerwerk bezahlt, funktioniere hierzulande nicht mit allen Modellen, die es auf dem Gelände in Rathenow zu sehen gibt und die weltweit eingesetzt werden.
Eins, mit dem das klappt, schauten sich die Gäste aber am Montag an. „Diese Anlage ist etwas einfacher gebaut und damit kostendeckend. Darunter kann man noch immer Landwirtschaft betreiben, was sich auch für Schrebergärten eignet“, weiß Bleiker. Eine Kita in Falkensee nutze genau so eine Anlage.

„Sie bauen unter den Modulen Obst und Gemüse an, das sie selbst ernten“, berichtet Christian Knees. Er ist ebenfalls Landwirt aus Schleswig-Holstein, seit zehn Jahren im Milower Land zu Hause und in der SUNfarming-Gruppe für die landwirtschaftliche Nutzung der Fläche unter den Modulen in Brandenburg und Sachsen-Anhalt zuständig. Der Vorteil dieser Anlage: Die Säulen werden ohne Fundamente in den Boden gerammt, der Boden werde also nicht versiegelt. Zudem seien die Module lichtdurchlässig und bieten die Möglichkeit einer gezielten Tröpfchenbewässerung. Christian Knees schwebt der Bau einer ein bis zwei Hektar großen Anlage als Gewächshaus vor, um darin Pflanzen anzubauen.

Um neue Erkenntnisse zu gewinnen, arbeitet das Forschungs- und Innovationszentrum in Rathenow mit Instituten und Universitäten zusammen. 2021 wurde so unter anderem der Einsatz eines Agrarroboters erprobt. Geplant ist zudem ein Versuch mit einem Salatproduzenten. Dabei solle es auch um die Frage gehen, inwiefern sich der Schutz vor starker Sonneneinstrahlung und Regen auf die Pflanzen auswirkt. Lodwig, Menzel und Tebling folgten den Ausführungen mit Interesse und zeigten sich begeistert von der Doppelnutzung der Photovoltaik-Anlagen zur Energiegewinnung und zum Anbau von Obst und Gemüse.

Felix Menzel nutzte die Gelegenheit um zu erfragen, ob SUNfarming, die in Rathenow auch eine Biogasanlage und ein Solarpark betreibt, auch als Partner für die Sanierung von Dächern und deren Bestückung
mit Solaranlage zur Verfügung steht. Auch das sei möglich, so Franke. „Photovoltaik ist Teil der Energiewende und ich hoffe, wir kommen mit solchen Projekten der Frage, wie man Flächen auch nachher noch sinnvoll nutzen kann, ein großes Stück näher“, erklärte Menzel und verriet, dass es bereits Interesse gebe, solche Anlagen im Milower Land zu bauen.

Rathenow kann stolz sein
Auch Ralf Tebling nimmt viel Positives für Premnitz mit. „Als Stadt voller Energie sind für uns Industrie und Naturpark kein Widerspruch. Und Sie beweisen, man kann Naturschutz und Energiegewinnung vereinen“, so Tebling. Aus seiner Sicht kann die Energiewende dauerhaft nur gelingen, wenn sie auch für Bürger und Kommunen einen spürbaren finanziellen Nutzen bringt. Dem stimmte auch Sebastian Lodwig zu. „Das ist ein Projekt, dass die Stadt mit Stolz begleiten kann und muss“, so sein Fazit.
Von Christin Schmidt, Foto/Copyright Christin Schmidt

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